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Narben im Asphalt: Die Geschichte von Spoff. Teil I: “The Beginning”

SPOFF. Wie aus einem illegalen DIY-Skatespot in Wien die wohl gefragteste Skateparkfirma Österreichs wurde.

Fotos: Sebastian Weissinger & Jan Schiefermaier

Verblasste Bierdosen, morscher Holzzaun, Narben im Asphalt: Blickt man über den verwilderten Streifen zwischen U-Bahn-Trasse und Autobahn, deutet nichts darauf hin, dass hier ein zentrales Stück Wiener Skateboard-Geschichte geschrieben wurde. Nur ein Sticker auf der meterhohen Trennwand zur Südosttangente gibt einen Hinweis : „Spoff Club“. Spoff – das ist die Geschichte eines DIY-Skatespots, der die Skateboard-Szene der Stadt über Jahre geprägt hat. Es ist die Geschichte eines DIY-Skatespots, aus dem heraus die wohl gefragteste Skateparkcompany des Landes entstanden ist.

Und es ist die Geschichte eines DIY-Skatspots, der ganz nebenbei die Frage aufwirft, wem die Stadt gehört. Am Ende dieser Geschichte wird Ben Beofsich eine Scheibtruhe voller Erde durch das slicke Nordbahnhofgelände schieben – Spoff-T-Shirt an, Hacklerschuhe an den Füßen, rotes Kapperl am Kopf – und sagen: „DIY-Skateparks bauen heißt, sich den öffentlichen Raum anzueignen. Wem gehört er? Wer darf ihn nützen? Wie wird er organisiert? Da könnte man endlos philosophieren.“ Dazwischen – zwischen dem Spoff-Sticker und der Scheibtruhe – liegen elf Jahre, mehr als 25 offiziell gebaute Skateparks, eine Abstimmung beim Heurigen und hunderte in Beton gegossene Bierdosen. Am Anfang dieser Geschichte steht jedoch – wie so oft beim Skaten – die Suche nach einem guten Spot und ein offener Blick.

„DIY-Skateparks bauen heißt, sich den öffentlichen Raum anzueignen. Wem gehört er? Wer darf ihn nützen?

Wir hatten keine Ahnung“

„Ich war auf Spotsearch mit der U-Bahn und hab’ zwischen Donaustadtbrücke und Stadlau diesen Streifen Asphalt gesehen“, erzählt Frido Fiebinger. „Eigenartig, hab’ ich mir gedacht. Da ist nix verbaut. Also bin ich hin.“ Das war im Sommer 2011. Frido, damals Mitte Zwanzig, war auf der Suche nach einem Spot für ein Foto. „Ich hatte damals ein Interview für das Kingpin Magazin und Alexander Basile, ein Fotograf aus Köln, hatte sich angekündigt. Ich habe zuerst die Jerseys dort gesehen. Es ist sehr selten, dass man so lange Jerseys hat. Ich habe mir gedacht: Klatschen wir ein bisschen Beton drauf und machen ein Foto.“ Gemeinsam mit Rainer Grillberger macht sich Frido ans Betonieren. „Dafür haben wir Hasendraht genommen.

Wir hatten keine Ahnung. Wir hätten genau so gut nix verwenden können. Das sind wir dann geskatet.“ Aus dem ursprünglich geplanten Foto ist nie etwas geworden. Aber der Grundstein für Spoff war gelegt. „Kurz darauf haben wir einen zweiten Streifen betoniert, damit man rübergrinden kann. Jedes Mal, wenn wir hingekommen sind, haben wir gedacht, dass sie den Spot mittlerweile sicher abgerissen haben. Das war ja ein Lagerplatz für die Strabag. Aber es ist nix passiert. Also haben wir weiterbetoniert, immer mehr Skater sind gekommen und wir sind fast nur mehr dort abgehangen. Betonieren, Skaten, Biertrinken.“

Also haben wir weiterbetoniert, immer mehr Skater sind gekommen und wir sind fast nur mehr dort abgehangen. Betonieren, Skaten, Biertrinken.“

Betonieren im Schichtbetrieb

Auch wenn aus dem Ursprungsfoto nichts geworden ist, wurde der Spoff schon sehr früh dokumentiert. Der Fotograf und Skater Jan Schiefermair hat 2019 ein Buch mit dem Titel „Freizeit Baustelle“ herausgegeben, das die Spoff-Geschichte von den Anfängen bis zum Abriss festhält. „Frido hat mir von dem Spot erzählt und ich war dann sehr früh dabei. Wer war noch mit von der Partie? Patrick Galanis, Simon Glanz, Stone, Clemens Nechansky, Schörgi, Henry, Wolfgang Enöckl, Erich Angermann, der Frido natürlich und noch ein paar Leute.

Wir waren eine lose Gruppe, die sich organisiert hat. Genau das war das Spannende an der Sache.“ Jan verbringt in der Folge fast seine gesamte Freizeit am Spoff. „Wenn ich nicht gerade Zeit mit meiner Tochter verbracht habe oder im Bett war, habe ich jede freie Minute am Spoff verbracht. Wir haben dort sogar gezeltet.“ Zwei Arbeitsgruppen, so erzählt es Jan, kümmern sich zu Beginn um den Spoff. „Die eine Gruppe war in der Nacht unterwegs und hat auf Baustellen oder Baumärkten Material gefladert und es zum Spoff gebracht. Dort hat die zweite Gruppe schon gewartet und ab sieben Uhr morgens mit der Arbeit begonnen. Es war immer etwas chaotisch, aber eine wunderbare Insel der Freiheit. Bis es zum Streit gekommen ist.“

Streit? Dazu gleich mehr. Aber bleiben wir noch bei der Insel der Freiheit.

„Der Spoff war anders als die offiziellen Betonparks, die ich in Wien gekannt habe. Rauer, wilder, freier“, erzählt der Architekt und Skater Johannes Puchleitner. Johannes war nicht Teil der Spoff-Crew, hat sich aber am Spot beteiligt. „Mein Vater hat eine Baufirma in der Steiermark. Als ich mal zuhause war, habe ich ein paar Säcke Zement eingeladen und beim Spoff abgeladen. Als Architekt habe ich mich viel mit öffentlichem Raum beschäftigt. Zu sehen, was am Spoff passiert, fand ich auch aus dieser Sicht sehr spannend.

Da konnte sich ja jeder einbringen“, so der 38-Jährige. Skateboarding sei immer eine Aneignung der Stadt. „DIY-Spots gehen aber noch einen Schritt weiter und schaffen einen neuen Ort. Nicht nur einen Ort fürs Skaten. Sondern auch eine Möglichkeit des sozialen Austauschs und der Begegnung ohne die übliche Reglementierung.“

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