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Narben im Asphalt: Die Geschichte von Spoff. Teil I: “The Beginning”

SPOFF. Wie aus einem illegalen DIY-Skatespot in Wien die wohl gefragteste Skateparkfirma Österreichs wurde.

„Der Spoff war anders als die offiziellen Betonparks, die ich in Wien gekannt habe. Rauer, wilder, freier“

DIY-Explosion und Streit um Zementsäcke

Es sind jene Jahre in Wien, als gleich mehrere DIY-Spots aus dem Boden schießen: die „Sandbox“ unter einer Brücke am Wien-Fluss in Hütteldorf, an der Perfektastraße im 23.Bezirk, die „ALM“ am Nordbahnhof. Johannes Wahl, Urgestein der Wiener Szene, betoniert sogar einen ganzen DIY-Spot im Keller seines Wohnhauses. Weltweit ist das gleiche Phänomen zu beobachten und das Confusion Skateboard Magazine gibt den Spots und seinen Protagonist:innen eine mediale Plattform. Es dauert aber nicht lange, bis auch kommerzielle Brands auf den Underground-Zug aufspringen. Eine Entwicklung, mit der nicht alle glücklich sind. Augenscheinlich wird das an einem anderen Ort des Zusammenkommens: beim Heurigen.

Es dauerte aber nicht lange, bis auch kommerzielle Brands auf den Underground-Zug aufspringen. Eine Entwicklung, mit der nicht alle glücklich sind.

„Es war an meinem Geburtstag im September 2013. Ich hatte damals die Tradition, mit Freunden mit dem Zug nach Mödling zu fahren und dann zu Fuß über die Weinberge nach Gumpoldskirchen zum Heurigen zu wandern“, erinnert sich Jan Schiefermair. In diesem Jahr feiert Jan seinen 27.Geburtstag beim Heurigen Unger. Mit dabei: seine Spoff-Freunde. „Wir dürften ungefähr zehn Leute gewesen sein. An den Frido, Schörgi, Patrick Galanis und Wolfi Enöckl kann ich mich noch erinnern. Wir haben gefeiert und diskutiert. Dann haben wir abgestimmt. Neun Leute waren, glaube ich, dagegen, Frido war dafür.“

Frido Fiebinger – 5-O to Fakie

Frido Fiebinger, der Spoff-Entdecker, hat den Abend ebenfalls noch in Erinnerung – wenn auch etwas anders. „Wolfi, Elias Assmuth und ich waren dafür, dass wir es nehmen. Der Stefan Sperka glaube ich auch. Es waren aber schon einige Spritzer im Spiel“, erzählt Frido. Abgestimmt wurde per Handzeichen – über eine Lieferung Zement.

Am Spoff hat sich gezeigt, was es im Skaten immer schon gab: viel Freiheit, Chaos, Unabhängigkeit, Selbstbestimmtheit, Kreativität auf der einen Seite. Auf der anderen Seite die Unruhe, sobald kommerzielle Brands mitmischen wollen“

„Red Bull hat damals auch mit DIY angefangen, dafür sogar eigene Zementsäcke produzieren lassen und wollte uns zunächst mit 500 Euro, dann mit 1000 Euro sponsern. Das haben wir gemeinsam und aus tiefster Überzeugung abgelehnt. Wir haben sehr viel Schweiß, Blut und Geld in den Spoff gesteckt und die meisten wollten, dass wir das ohne Brand-Support weiterführen“, sagt Jan über die Diskussion. Red Bull machte dann aus dem Geldangebot allerdings ein Sponsoring von Zementsäcken. „Ich habe mir gedacht, sollen sie uns halt ein paar Säcke Zement schenken. Für mich war das nicht so eine große Sache“, erzählt Frido rückblickend. Am Ende standen 14 Europaletten Red-Bull-Zementsäcke am Spoff. „In meiner Erinnerung hat der Wolfi Enöckl ein paar Wochen nach der Geburtstagsfeier mit Red Bull telefoniert und sinngemäß gesagt: Passt, schickt uns das Zeug“, so Frido und erzählt weiter: „Kurze Zeit später hat Matt Montana die Lieferung am Spoff im strömenden Regen entgegengenommen.“

Für Jan eine Enttäuschung. „Für mich war das schon ein Wendepunkt. Danach haben sich erst mal einige Leute – darunter auch ich – vom Spoff zurückgezogen.“ Der Streit äußerte sich auch noch auf andere Weise, die sinnbildlich für die Widersprüche und Eigensinnigkeit im Skateboarding steht: Christoph „Vogl“ Voglbauer, wie Jan kein Freund der Lieferung, scheißt als Protest auf die Red-Bull-Zementsäcke am Spoff. „Ich bin nicht grundsätzlich gegen Sponsoring von großen Brands. Aber dass wir Red Bull am Spoff damit Street Credibility verschafft haben, hat mich einfach gestört“, meint Jan heute und ergänzt: „Dann war mal eine Zeitlang Baustopp am Spoff, bis eine frisch formierte Gruppe neu durchgestartet ist. Mit Hilfe der Lieferung ist bautechnisch dann allerdings einiges weitergegangen.“

Am Spoff hat sich gezeigt, was es im Skaten immer schon gab: viel Freiheit, Chaos, Unabhängigkeit, Selbstbestimmtheit, Kreativität auf der einen Seite. Auf der anderen Seite die Unruhe, sobald kommerzielle Brands mitmischen wollen“, sieht Architekt Johannes Puchleitner die Sache nüchtern. Mit dem neuen Zement wurde der Spoff in der Folge schrittweise ausgebaut. „Wir haben viele von den Sackerln als Unterbau verwendet. Eigentlich ein Irrsinn.

Aber so viele Säcke hätten wir ja nie und nimmer gebraucht. Danach wurde der Spoff fast zu einem richtigen Skatepark“, so Frido. Ein weiterer Grund für den Fortschritt am Spoff ist Elias Assmuth, der kurz zuvor von Bayern nach Wien gezogen war und durch seine Arbeit bei Black River Ramps mehr Erfahrung hatte als der Rest. „Ich weiß noch, als Elias zum Spoff gekommen ist und mich gefragt hat, welche Kellen wir verwenden. ‚Kellen? Was für ein blöde Frage’, habe ich mir gedacht und gelacht. Wir haben damals einfach irgendwelche Kellen verwendet.“ (Mehr dazu im II.Teil der Spoff-Serie). Rund ein Jahr später, am 1. Mai 2015, gründen Frido, Elias, Matthew Collins aka Matt Montana und Wolfgang Enöckl die Skateparkfirma Spoff Parks – und betonieren nebenbei am Spoff weiter. Bis zum 1.Februar 2016.

Es ist wie beim Skaten. Manchmal stehst du den Trick, manchmal nicht“

„Ein echt schwarzer Tag für die Wiener Skateboardszene!! Der Spoff wird in dem Moment abgerissen!“, schreibt das Wiener Skateboard-Urgestein Johannes Wahl am 1. Februar 2016 auf Facebook. „Ich habe einen Anruf bekommen, dass der Spoff abgerissen wird. Da habe ich meine Kamera geschnappt und bin sofort hin. Der Baggerfahrer ist einmal mit der Schaufel durch – und das war’s“, erinnert sich Jan Schiefermair an den Tag des Abrisses. „Ich bin mit der U-Bahn ein paar Mal zwischen den beiden Stationen hin- und hergefahren und hab’ mitgefilmt“, erinnert sich Frido Fiebinger an das Ende von Spoff. Jan weiter: „Ich bin dann rauf.

Der Baggerfahrer hat seine Hände vor das Gesicht geschlagen und es nicht gepackt, wie viele leere Bierdosen im Zement verbaut waren. ‚Wie soll ich das alles entsorgen?’, hat er gerufen.“ Auch wenn der Spoff über die Jahre zu einem Skatepark gewachsen ist, eine offizielle Vereinbarung mit der Strabag gab es nie. „Ich war ehrlich gesagt überrascht, dass er überhaupt so lange gestanden ist“, meint Frido rückblickend. „Es war halt ein DIY-Spot. Da musst du immer damit rechnen, dass er abgerissen wird. Aber die Parties haben sicherlich auch eine Rolle gespielt.“ Als der Spoff in den Jahren 2014 und 2015 immer größer und bekannter wird, kommen immer mehr Leute zum Spot. Es werden Contests veranstaltet, Konzerte gespielt, Break-Dance-Parties gefeiert, Feuer gemacht.

Irgendwann dürfte es den Strabag-Verantwortlichen zu viel geworden sein. Auch könnte der Umstand, dass ein offizieller Spoff-Verein gegründet wurde, der sich um eine dauerhafte vertragliche Nutzung bemüht hat, ein Grund für das abrupte Ende gewesen sein. „Ich kann nur spekulieren. Aber vielleicht ist es der Strabag einfach zu heiß geworden“, meint Frido. Der Spoff-Entdecker selbst sieht das Ende gelassen. „Es ist wie bei einem Skateboardtrick. Manchmal stehst du ihn, manchmal nicht. Ich würde rückblickend nichts anders machen.“ Ganz unsentimental geht es aber doch nicht. „Natürlich ist es mir am Arsch gegangen. Zur Erinnerung habe ich mir damals einen Copingstein mit nachhause genommen. “

Wenn Jan Schiefermair heute mit der U-Bahn am Spoff vorbeifährt, muss er innerlich schmunzeln. „Es war ein wunderbarer Freiraum und Abenteuerspielplatz, an dem wir etwas gestalten konnten. Du eignest dir einen Ort an und gibst ihm einen neuen Sinn. So etwas fehlt unserer Gesellschaft und der Stadt Wien. Hier wird Eigeninitiative oft im Keim erstickt.“ Und was meint er dazu, dass seine damaligen Mitstreiter heute – mehr als zehn Jahre später – mit dem Bauen von Skateparks ihr Geld verdienen? „Ich bin stolz auf sie. Wer hätte gedacht, dass diese vier Chaoten aus dem Spiel Ernst machen und es schaffen. Davon profitiert die gesamte österreichische Skateboard-Szene.“

Teil II: Spoff-Parks-Gründer Frido Fiebinger und Matthew Collins im Interview über das Leben als seriöse Skateparkbauer, woher der Name Spoff kommt und in welcher Stadt sie gerne einmal einen Skatepark bauen würden.

Teil III: Spoff-Mitarbeiter Ben Beofsich erzählt am Nordbahnhof zwischen Bagger, Baucontainer und Bier über die Rückkehr des Alm-DIY-Spots.

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