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Branding-Agentur HammerAlbrecht: „Es muss sich anfühlen wie im Proberaum“

Daniel Hammer und Tom Albrecht helfen Brands dabei, sich selbst zu finden. Im Interview erzählen die Creative Directors, warum sie ihre Arbeit als Therapiesitzung sehen und lieber Fans als Hater sind.

Fotos: Sebastian Weissinger

Besuch im Studio von HammerAlbrecht am Wiener Nestroyplatz im 2. Bezirk. Auf den ersten Blick könnten die Büros der beiden Creative Directors Tom Albrecht (42) und Daniel Hammer (41) nicht unterschiedlicher sein. In Toms Büro steht ein ikonisches Skatefoto des Fotografen J. Grant Brittain, daneben stapeln sich Bildbände und Designutensilien. „Wenn ich zu viele dieser Sachen bei mir zuhause habe, sagt meine Frau manchmal zu mir, ich solle das Zeug doch bitte mit in mein Kinderzimmer nehmen. Gemeint ist natürlich mein Büro“, erzählt Tom spitzbübisch. Daneben liegt das Büro von Daniel und zeigt sich mit ausgewähltem Understatement. Außer einem Rechner und einem Kalender ist hier nicht viel zu finden. „Ich muss mich auf das Wesentliche konzentrieren können“, meint Daniel trocken. So unterschiedlich die beiden Creative Directors auf den ersten Blick sein mögen, so gut ergänzen sie sich in ihrer kreativen Arbeit für Brands und Unternehmen. 

Tom Albrecht (links) & Daniel Hammer (rechts) im Stiegenhaus ihres Büro im Nestroyhof.

HammerAlbrecht klingt fast nach einem Künstlernamen. War es für euch schon früh klar, dass ihr zusammenarbeiten wollt?

Daniel: Das hat sich so ergeben. Ich wollte ursprünglich nie selbstständig sein oder Grafikdesigner werden. Eigentlich wollte ich Malerei oder Bildhauerei machen. Aber ich bin dann über das Altersheim auf das Kolleg für Grafikdesign in Linz und dann in die Meisterklasse gekommen…

Wie? Du warst im Altersheim?

Daniel: Ich habe dort Zivildienst gemacht und ein Kollege hat damals ein Plattencover gestaltet. Das war nicht einmal gut. Aber diese Verbindung von Musik und Artwork hat mir ziemlich gefallen. Das war mein erster Kontakt mit Grafikdesign, danach habe ich mir gedacht, das könnte spannend sein. Als Grafikdesigner bist du am Schnittpunkt ganz vieler Branchen, sitzt in der Mitte und komponierst die Arbeiten. Später habe ich mich sehr für die Gestaltung von Magazin- sowie Buchcover begeistert und Typografie wurde eine große Leidenschaft von mir. Gearbeitet habe ich damals bei der Designagentur Rosebud – und dort habe ich Tom kennengelernt.

Tom: Wir haben gemerkt, dass unsere jeweiligen Sachen zwar gut sind. Aber gemeinsam waren unsere Arbeiten noch besser. Wir haben uns dann die Frage gestellt, was wir zusammen machen wollen. Denn wir sind schon recht unterschiedlich. Daniel hat mit meinem Background genau nichts zu tun.

Du meinst deine Skateboardvergangenheit in Bayern?

Tom: Genau. Ich bin im Allgäu in Bayern aufgewachsen. Für mich war die DIY-Kultur der Skateboard- und Musikszene sehr wichtig. Auch ging es mir schon als Jugendlicher nicht um die Ästhetik an der Oberfläche, sondern den Charakter dahinter. Wer tut was aus welchem Grund? Das habe ich sehr früh im Kreativen mitbekommen: Skaten, Sprühen, HipHop, Snowboarden und so weiter. Auf der anderen Seite habe ich immer viel organisiert und mein erstes Unternehmen mit 18 Jahren angemeldet, da hatte ich noch nicht einmal einen Führerschein. Ich habe später auch einen Skateshop betrieben und gesehen, wie Companies und Brands in diesem Umfeld entstehen. Das hilft mir bis heute für meine Arbeit.

Ich habe später auch einen Skateshop betrieben und gesehen, wie Companies und Brands in diesem Umfeld entstehen. Das hilft mir bis heute für meine Arbeit.

Wie seid ihr die Gründung von HammerAlbrecht angegangen?

Daniel: Wir haben rasch gemerkt, dass wir viele Schnittmengen haben. Nur sieht man die nicht unbedingt in den Arbeiten. Da geht es eher um die Herangehensweise und die Absicht dahinter. Uns war klar, dass wir nicht einfach nur Werbung oder Kommunikation machen wollen, sondern mit unseren Kunden herausfinden wollen, wer sie im Kern sind, was sie antreibt, für was sie stehen, wohin sie wollen und wie sie die Welt sehen. Wenn wir das verstanden haben, ergibt sich das Branding fast wie von selbst. Unser Job ist es dann, die Geschichte richtig zu erzählen, das passende Design, die richtige Form und die Sprache dazu zu finden. 

Tom: Unser Job ist manchmal fast wie der eines Therapeuten. Das Unternehmen steckt irgendwie fest und wir versuchen gemeinsam innezuhalten und herauszufinden, was los ist, ob etwas verloren gegangen ist, welche neuen Perspektiven es gibt. 

Dafür braucht es Menschenkenntnis.

Tom: Wir sind sicherlich sehr an Menschen interessiert.  Unternehmen und Brands sind so kompliziert wie ein Mensch – oder vielleicht sogar noch komplizierter. Ich würde uns beide immer noch als Fans bezeichnen, die sich sehr freuen, wenn sie von etwas begeistert sind. Ich sage manchmal, dass es das Schönste an unserer Arbeit ist, wenn sich bei einem Projekt das Gefühl einstellt, als sei man wieder 16 Jahre alt und hat eine super Idee die man gleich seinen Freunden erzählen will. Diese Aufregung, ja, fast kindliche Neugier brauchen wir. Es muss sich anfühlen wie im Proberaum.

Daniel: Es geht darum, Verständnis herzustellen. Gegenseitiges Verständnis zwischen dem Kunden und uns. Das ist das Fundament unserer Arbeit. Wir sind auch nicht auf eine Branche festgefahren. Ich finde immer das nächste Projekt am Spannendsten. Das kann eine Typografie sein, ein Bild oder etwas Abgefahrenes in 3D. Die Abwechslung, die uns als Menschen ausmacht, soll sich auch in unserem Büro und in unserer Arbeit widerspiegeln. Sonst wird uns langweilig.

Es geht darum, Verständnis herzustellen. Gegenseitiges Verständnis zwischen dem Kunden und uns. Das ist das Fundament unserer Arbeit.

Hattet ihr nie die Befürchtung, ihr könntet euch in der Vielfalt verlieren?

Tom: Wir haben uns zu Beginn schon darüber Gedanken gemacht, ob wir durch unsere Vielfalt an Wiedererkennungswert verlieren. Aber unsere Stärke ist eben nicht, dass wir ein Ding immer und immer wieder machen. Sondern genau das Gegenteil. Wir schließen auch Dinge aus, die wir schon einmal gemacht haben oder sagen, die Farbkombination haben wir schon bei diesem Projekt gehabt, wir müssen etwas anderes machen. Selbst wenn es passt, hauen wir es lieber raus. Wir versuchen ständig, was Neues zu machen. Unsere Horrorvorstellung ist ein homogenes Portfolio zu haben, bei dem man uns für einen bestimmten Typ von Arbeit schon erkennt. Die Vielfalt ist unser Asset, weil wir immer wieder neu an die Projekte rangehen. Aber der Kunde muss sich darauf einlassen können, dass er bei uns nicht weiß, was er am Ende visuell bekommt. 

Ihr habt vom ORF über den Stil-Laden bis zum Biobauernhof allerlei Projekte umgesetzt. Welche Brands findet ihr persönlich spannend?

Tom: Ich denke eine der relevantesten Marken aktuell ist Patagonia, da sie wie kaum eine Marke repräsentativ für unsere Zeit steht in der ein ehrlich gemeinter positiver Beitrag zur Gesellschaft einer Marke bedeutender ist als oberflächlicher Lifestyle. Ich finde auch Rapha super spannend, weil sie dem Rennradfahren ein neues Image gegeben und als Marke eine große Community aufgebaut haben. Palace Skateboards ist auch ein Highlight. So eine zeitgeistige Fashion-Marke so groß zu machen und die Spannung zu halten ist extrem schwierig. Dafür braucht man sehr viel Gespür.

Daniel: Bei mir ist es Doc Martens. Ich habe 20 oder 25 Jahre meines Lebens nur Doc Martens getragen und bin erst kürzlich mit einem Paar Vans untreu geworden. Eine coole Marke verbindet ein gutes Produkt mit starkem Lebensgefühl.

Ich finde auch Rapha super spannend, weil sie dem Rennradfahren ein neues Image gegeben und als Marke eine große Community aufgebaut haben. Palace Skateboards ist auch ein Highlight.

Tom meinte vorher, Firmen sind oft komplizierter als Menschen. Wie funktioniert bei euch die Rollenverteilung? Ist Tom eher der euphorische Part und Daniel derjenige, der euch wieder auf den Teppich holt?

Daniel: Wir können beides sein. Manchmal dreht Tom auf, macht die Box auf und lässt die Ideen purzeln und ich nehme dann den realistischen Gegenpart ein. Manchmal ist es aber auch umgekehrt. Dann bin ich total von etwas begeistert, bin der Meinung, dass wir das jetzt unbedingt so machen müssen und Tom ist derjenige, der sagt langsam, langsam. Dieser Rollenwechsel funktioniert total gut bei uns. Genau aus diesem Austausch entstehen spannende Projekte und Situationen in unserer Arbeit. Liegt das Konzept dann am Tisch, gibt es selten Diskussionen. 

Tom: Ich bin am Anfang eher bei den Kunden und mache die Therapiesitzung bis wir herausgraben, was die Marke oder das Unternehmen ausmacht. Das macht mir Spaß. Dafür kann ich mich manchmal gestalterisch nicht so gut entscheiden, sage das sieht cool aus und das sieht auch cool aus. Da ist Daniel der Klarere und sieht was es braucht. 

Wann wisst ihr, dass eure Arbeit fertig ist?

Tom: Die Kunst ist, nach der analytischen Vorarbeit an einem gewissen Punkt die ganze Information in etwas Kreatives zu übersetzen. Es muss sich einfach richtig anfühlen, eine Emotion, eine Story da sein, welche die Leute sofort weitererzählen wollen. 

Daniel: Es muss etwas sein, das sich auf den Punkt bringen lässt. Das ist die Pointe. Vielleicht geht das mit einem Wort, mit einem Bild oder mit einem Visual. Das ist die Kunst. Das Endprodukt muss dich sofort abholen. Man muss die Geschichte kennen, ohne dass man die Geschichte kennt. Am Schönsten ist es, wenn wir eine Brand über Jahre begleiten können und sehen, wie wir gemeinsam mit der Kundin/dem Kunden einen Leuchtturm in der Branche schaffen.

Tom: Am Ende ist das, was wir machen, das, was die Leute fühlen, wenn sie damit in Kontakt kommen. Wie bei deiner Lieblingsband oder deiner Lieblingskünstlerin. 

Es muss etwas sein, das sich auf den Punkt bringen lässt. Das ist die Pointe. Vielleicht geht das mit einem Wort, mit einem Bild oder mit einem Visual. Das ist die Kunst. Das Endprodukt muss dich sofort abholen.

Jetzt sind wir wieder beim eingangs erwähnten Plattencover und beim Skaten. Du spürst es einfach. 

Daniel: Es hört sich banal an, aber wir sind Typen, die total gern für etwas sind. Wir sind Fans und keine Hater. 

Tom: Haha, ja Daniel hat Recht. Es gibt auch genau diese zwei Arten von Designern. Viele stehen allem kritisch gegenüber, wir sind nach all den Jahren immer noch Fans geblieben.

Wohin geht die Reise beim Thema Design und Branding? 

Tom: In der Designwelt gibt es immer wieder Medien, die eine gewisse Zeit hohe Relevanz haben und den Takt angeben. Früher waren das Posterdesign oder Plattencover. Als wir begonnen haben, gab es gerade ein Revival des Buchdesigns und Magazine waren ein wahnsinnig spannendes Thema.  Sie haben die Trends bestimmt was Layout, Typografie, Bildsprache und Meinungen anging. Die zweite Welle Webdesign mit den Möglichkeiten von responsive Design und mobile Anwendungen war auch einschneidend, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Es hört sich banal an, aber wir sind Typen, die total gern für etwas sind. Wir sind Fans und keine Hater. 

Daniel: Das für uns aktuell relevanteste Feld, ist Brands zu designen und aufzubauen. Hier trifft Design auf Fragen unserer Zeit, die beantwortet werden wollen. Überdies ist es ein gestalterisch sehr anspruchsvolles Feld: Eine Marke muss in allen Medien sowohl Audio, Video, Digital und analog funktionieren und in einer schnelllebigen langfristig Bestand haben und Orientierung geben. Das zu schaffen, motiviert uns immer noch jeden Tag aufs Neue!

Zum Abschluss: Was macht für euch gutes Design aus?

Tom: Es muss relevant, zeitgeistig und maßgeschneidert sein.

Daniel: Gutes Design ist für mich in erster Linie eine Haltung. Davon leitet sich alles andere ab. 

Daniel Hammer und Tom Albrecht haben im April 2016 die Design und Branding Agentur HammerAlbrecht gegründet. Gemeinsam mit ihren sechs MitarbeiterInnen haben sie Projekte umgesetzt u.a. für den ORF, den Stil-Laden, Sunlight Campervans oder Biobauernhof Orth.

www.hammeralbrecht.design

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